Pforzheim, 19.05.2021. In der zweiten Runde der Tarifverhandlungen in der Edelmetallindustrie in Baden-Württemberg haben sich die Tarifpartner am 19.05.2021 auf einen Tarifabschluss geeinigt. Die Lösung wurde am späten Abend kurz vor Mitternacht in den Verhandlungsräumen im Pforzheimer Osterfeld erzielt.
Rainer Schiessle (Christian Bauer GmbH + Co. KG), Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite, zeigte sich mit dem Ergebnis zufrieden: „Bereits im Februar des Jahres hatte die Mitgliederversammlung der Tarifgemeinschaft in der Edelmetallindustrie ihre Ziele an die diesjährige Verhandlungsrunde formuliert. Das Verhandlungsteam freut sich, viele der formulierten Ziele mit dem differenzierten Abschluss der Edelmetallindustrie erreicht zu haben. Dies bringt Zuversicht für die Branche und ist eine gute Nachricht für die Unternehmen und deren Beschäftigte.“
BVSU Hauptgeschäftsführer Dr. Guido Grohmann ergänzt: „Wir haben in diesem Abschluss die besondere tarifliche Ausgangsposition der Edelmetallindustrie umfangreich berücksichtigt und wichtige Differenzierungsmerkmale gemeinsam erarbeitet. Der Abschluss ist weitsichtig und fair für beide Seiten. Wir danken allen beteiligten Personen auf beiden Seiten des Verhandlungstisches für die vielen Wochen produktive Arbeit.“
Ab 2022 wird eine zusätzliche jährliche Sonderzahlung („Edelmetallbaustein – TEMB“) eingeführt, die allerdings auf Basis einer freiwilligen Betriebsvereinbarung in freie Tage umgewandelt werden kann. Hinzu kommt sowohl eine Möglichkeit der automatischen Differenzierung einer bestehenden Sonderzahlung (tarifliches Zusatzgeld gemäß T-ZUG), die bei Betrieben mit niedriger Rendite entfällt, sowie die Option einer variablen Gestaltung des Weihnachtsgelds. Dieses kann künftig bei schlechter wirtschaftlicher Lage halbiert werden und so für eine weitere Kostenentlastung sorgen. Bei guter Lage kann es aber auch um die Hälfte erhöht werden und bietet so den Beschäftigten zusätzliche Einkommenschancen.
Die aus dem Metallabschluss stammenden optionalen Bausteine zur Gestaltung der Transformation und zur Arbeitszeitabsenkung mit Teilentgeltausgleich wurden nicht übernommen, dafür gibt es für beide Parteien in Zukunft die Möglichkeit Zukunftstarifverträge als prinzipielle Weiterentwicklungen des bestehenden „Pforzheim“-Prozesses für Krisenlösungen.
In einem neuen Tarifvertrag Ausbildung wurden die bisherigen Regelungen für Auszubildende in der Edelmetallindustrie neu strukturiert und auf Studierende der Dualen Hochschulen Baden-Württemberg erweitert. Für Teilbereiche der Regelungen zur betrieblichen Altersvorsorge wurde eine Gesprächsverpflichtung für die kommende Tarifperiode vereinbart.
Die Bausteine des Tarifabschlusses im Einzelnen:
- Entgelt & Laufzeit:
- Weitergeltung der Entgelttabellen gem. TV Entgelte und Ausbildungsvergütungen für die Beschäftigten, Auszubildenden und Studierenden.
- Laufzeit 21 Monate vom 1. April 2021 bis 31. Dezember 2022
- 2021: Corona-Beihilfe im Juni 2021 in Höhe von 500 Euro (für Azubis 300 Euro)
- 2022: Einführung einer neuen jährlichen Sonderzahlung („Edelmetallbaustein TEMB“) in Höhe von 18,4 Prozent eines Monatsentgelts (Auszahlung mit Urlaubsgeld im Juni)
- 2023: Anhebung des „TEMB“ auf dann künftig 27,6 Prozent eines Monatsentgelts (Auszahlung mit Urlaubsgeld im Juni)
- Differenzierung & Variabilisierung:
- 2021 gilt eine automatische Differenzierung für den Zusatzbetrag gemäß TV T-ZUG, d.h. dieser kann in wirtschaftlich schwierigen Situationen entfallen.
- Variabilisierung der Jahressonderzahlung: Das sogenannte Weihnachtsgeld kann künftig betrieblich in Verbindung mit beschäftigungssichernden Elementen variabel vereinbart werden und um jeweils die Hälfte entweder abgesenkt oder erhöht werden. Die Kriterien legen die Betriebsparteien fest.
- Optionale Bausteine zur betrieblichen Gestaltung:
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- Zukunftstarifverträge: Möglichkeit zur Vereinbarung von Zukunftstarifverträgen auf betrieblicher Ebene, z. B. zur Sicherung der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit.
- Umwandlungsmöglichkeit der neuen Sonderzahlung TEMB in freie Tage.
- Bisherige tarifliche Modelle zur Arbeitszeitabsenkung bei konjunkturellen Anlässen bleiben unverändert bestehen
- Neuer Manteltarifvertrag Ausbildung, in dem die bestehenden Regelungen erweitert wurden.
- Gesprächsverpflichtung zur Überarbeitung und Modernisierung des Manteltarifvertrags in Bezug auf Teile der Alterssicherung.
Über die Annahme der Verhandlungsergebnisse entscheiden die Gremien der Tarifparteien bis zum 8. Juni 2021.
Bild: Verhandlungsführer der Tarifrunde 2021 v.l.n.r.: Yvonne Möller und Barbara Resch, IG Metall Bezirksleitung Baden-Württemberg, Rainer Schiessle, Christian Bauer GmbH & Co. KG, Guido Grohmann, Bundesverband Schmuck, Uhren, Silberwaren und verwandte Industrien e.V.